Sagen
Das weiße Fräulein kam zur Maiblümleszeit

Von Burg Gleichen sind nur noch karge Trümmer im Bergwald, auf der Nordseite des Wetterbachtales, unweit von dessen Ein­mündung ins Rheintal zu finden. Unterhalb läuft jetzt die Auto­straße vorbei.

Von Zeit zu Zeit, besonders in schönen April- und Mainächten -zur Maiblümleszeit -, schwebt die holde Erscheinung zur Tal­sohle herab, die sie an dem unter Großherzog Leopold errichte­ten Steinmal, welches das Andenken an das fürchterliche Un­wetter von 1837 wach hält, überquert. Alte Einwohner Grünwettersbachs und Palmbach wollen ihr in ihrer Jugend nachts bei der Heimkehr begegnet sein: vor den sich bäumenden und ängstlich schnaubenden, dann wie angenagelt still stehenden Pferden, huschte die Erscheinung vorbei. Auch am Tage, um die stille Mittagszeit, ist sie Blumen suchen­den Kindern im Wald begegnet und hat sie freundlich gefragt: "Warscht Maiblümle zupfe?", um dann plötzlich, wie zerflossen, zu verschwinden.

Am unterhalb Grünwettersbach entspringenden "Fallbrunnen" sah man sie auf dem Steinrande sitzen und ihr im Mondschein leuchtendes Haar strählen, - trat man ihr zu nahe, verwandelte sie sich in einen leise plätschernden Wasserfall, der zum Wet­terbach herabfiel... Ein unterirdischer Gang soll von Burg Glei­chen zum Turmberg führen: in ihm hütet die Maid einen großen Schatz, doch weiß kein Sterblicher mehr, wo dieser unterirdi­sche Gang sich befindet und unter welchen Bedingungen das weiße Fräulein erlöst und der Schatz gehoben werden kann.
's Hebels Vrenele

Hebels Schaffnerin, 's Vrenele, war von Grünwettersbach ge­bürtig. Sie hatte bei ihrem geistlichen Herrn Pfarrer Magister Johann Ulrich Mayer allerhand gesehen und gelernt, was sie /u Fromm und Nutzen ihrer Heimatgemeinde verwenden wollte, als sie nach dem Tode Hebels nach Grünwettersbach zu­rückkam.

Diese dankte ihr das wenig, man hielt sie steif und fest für eine Hexe, trotzdem sie unter bitteren Tränen immer wieder betonte: "l bin doch kei Hex!", wenn man sich ihr misstrauisch und mit eingezogenen Daumen nahte.

Diese hier von dem einstigen Schreiber gegebene Schilderung weicht weit ab vom tatsächlichen Leben des "Vrenele", die in Wirklichkeit Veronika Rohrer hieß. Das Haus in dem das Vrenele einst wohnte zierte eine Gedenktafel mit der Inschrift "in diesem Hause, wohnte Johann Peter Hebels "Vrenele" bis zu ihrem Tode...." Man erblickt das Haus, wenn man von Hohenwettersbach her­kommend die steile Straße benutzt unten an der Dorfstraße.
In diesem Haus wohnte einst J. P. Hebel's Vrenele
Die Köpfe am Kirchturm

Am uralten Kirchturm der hochgelegenen Grünwettersbacher Kirche erblickt der Beschauer einen eigenartigen Zierrat: Männerköpfe darstellend. Die Heimatforscher erklären sie für Ritter, der Volksmund beharrlich für Mönchsköpfe und mag damit im Recht sein, denn die geistliche Betreuung der Gemeinde wurde vor der Reformation vom Kloster Herrenalb auch durch Mönche dieses Klosters ausgeübt. Nach Einführung der Reformation lebten die letzten, als Seelsorger tätig gewesenen Patres als Spukgestalten in der Erinnerung der Bewohner fort: als sche­menhafte Kuttenträger ließen sie sich im Pfarrhaus, häufiger noch in der Kirche sehen und zwar war der Spuk am ärgsten in der Gegend jener Pforte, die vom Kirchenschiff aus in die untere Turmstube führte und heute noch als Nische an der Westwand erkennbar ist. Jedermann scheute sich, diese Türe zu benützen, und es blieb nichts anderes übrig, als sie zuzu­mauern. In ihrem evangelischen Pfarrer Ulrich Mayer besaß die Gemeinde jedoch einen mit Erfolg das Geisterbannen und Be­sprechen ausübenden Geistlichen: mit seinen wirksamen Bannsprüchen verfolgte und jagte er die ruhelosen Geister die Turmtreppe hinauf und bannte sie dort mit einem kräftigen Spruch aus dem fünften Buch Moses: in Stein verwandelt schauen sie nun auf Grünwettersbach herab.
Die Grünwettersbacher Alliteration

Auf dem Wege, der steil nach Palmbach hinaufführt, liegt das alte Henkenhafsche Stammhaus zur rechten. (Der berühmte Hei­delberger Architekt Henkenhaf, Erbauer der Stadthalle u.a., hatte hier sein Elternhaus.) Über ein Brücklein steigt man über einige Stufen zum Vorgarten hinauf und steht vor einer schön geschnitz­ten, altertümlichen Haustüre in holländischer Art gehalten: die obere Hälfte kann bei abgeschlossenem Unterteil aufgeklappt werden. Hier einstöckig, wendet es einen stattlichen Giebel der genannten Straße zu. Seit alter Zeit kennt man die Alliteration:

Hinner Henkenhafe Haus, Hänge hunner Haase haus!
Hunner Haase hänge haus, Hinner Henkenhafe Haus!
Das Henkenhafsche Haus an der Busenbacher Straße
(Zeichnung eines Schülers der 6. Volksschulklasse 1948)
Die Wäscherin an der steinernen Brücke

An der Straße, die von Palmbach nach Langensteinbach führt, spannt sich in der Talsenke der steinerne Bogen einer Brücke über ein kleines Gewässer. Hier erscheint von Zeit zu Zeit eine in Weiß gekleidete Wäscherin. Sie kann erlöst werden, wenn ihr ein Beherzter die Waschbürste aus der Hand nimmt - jedoch hütet sich jeder, denn der Erlöser muss nun an ihrer Stelle so­lange spuken, bis man ihm wiederum die Bürste abnimmt.